MainzZero zieht Bilanz der 10-tägigen Modell-Aktion in der Neustadt / Nachahmer gesucht

Mainz, 20. Juni 2023. „Die Nachbarschaftsstraße in der Neustadt vom 12. bis 21. Mai war eine gelungene Aktion, weil wir gemeinsam ausprobieren konnten, wie ein klima- und umweltfreundlicheres Leben möglich ist. Die Aktion hat gezeigt, dass autofreie Straßen nicht nur der Verkehrswende dienen, sondern auch mehr Raum für Begrünung bieten und den Zusammenhalt im Stadtviertel stärken“, zieht Sofie Sämann, Mitorganisatorin von MainzZero, ein positives Fazit dieser zehn Tage. 145 Feedback-Bögen wurden von Teilnehmenden, Anwohnenden und Besucher*innen abgegeben. Eine erste Auswertung brachte ein überwältigendes Votum für mehr autofreie Straßen in der Neustadt: 79 % aller Umfrageteilnehmer*innen bewerteten die Aktion als sehr gut, acht Prozent mit gut. Die direkten Anwohner*innen gaben mit über 70 % die Note ‚gut‘ oder ‚sehr gut‘ für die Aktion in der Adam-Karrillon- und der Leibnizstraße. „Dies sollte die Stadt, die Mitveranstalterin der 1. Meenzer Nachbarschaftsstraße war, ermuntern, auf diesem Weg weiterzugehen und erste Straßenzüge umzugestalten“, so Edith Heller, Sprecherin von MainzZero.

Idee als Dauereinrichtung gewünscht
Positiv genannt wurden vor allem: Raum für Begegnung, Spaß für verschiedene Generationen, unbeschwertes Spielen für Kinder, angenehme Atmosphäre und das Zusammenkommen von Menschen ohne Autolärm. Idee und Konzeption fand großen Anklang bei den Bürgerinnen und Bürgern. Die Mehrheit der Teilnehmenden (85 %) sprach sich dafür aus, dass die Parklets* stehen bleiben sollten, über 60 % der Befragten möchte, dass solche verkehrsberuhigten Straßen in allen Stadtteilen umgesetzt werden.

Viele Menschen haben sich gefreut, ihre Nachbarn kennenzulernen, saßen draußen zusammen und haben die Ruhe und die entspannte Atmosphäre genossen. So kamen auch Familien zum Spielen und Flanieren auf der Straße zusammen, Kinder haben erstaunt registriert, dass keine Autos vorbeifuhren und Radfahren und Skaterfahren ungestört möglich war.

Viel Zuspruch bereits bei den Vorbereitungen – Parklets bleiben stehen
Schon bei den Planungen erfuhr das Organisationsteam viel Zuspruch. Umweltinitiativen und sozial engagierte Gruppen, zwei Theatergruppen, das evangelische Dekanat, die ChristiansforFuture, Mainz 05 und zahlreiche weitere Gruppen haben sich gerne am Rahmenprogramm beteiligt. Einige Gruppen aus der Neustadt haben die Gelegenheit genutzt, um ihre Arbeit vorzustellen und bekannt zu machen.

Und es hat sich gezeigt: In Mainz gibt es ein funktionierendes Netzwerk und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit vieler Initiativen und Verbände. „Besonders gefreut hat uns die Reaktion beider anliegenden Schulen. Die Leibniz-Grundschule und die Anne-Frank-Realschule haben die Idee begeistert aufgegriffen und ihrerseits mit kreativen Angeboten zum positiven Verlauf beigetragen“, betont Edith Heller. Den Schüler*innen habe die Musikgestaltung, die Workshops zum Thema Klima und der begleitende Unterricht draußen und drinnen großen Spaß gemacht.
Die Anwohnenden in den beiden Straßen können sich freuen: Die aus dem Etat der Sozialen Stadt der Neustadt finanzierten Parklets*, die von MainzZero in Zusammenarbeit mit der Offenen Werkstatt e.V. in der Mainzer Boppstraße gebaut wurden, dürfen weiter genutzt werden. Sie bleiben über den Sommer stehen und damit dauerhaft der Neustadt erhalten. „Ein schöner Erfolg unserer Aktionstage und gut angelegtes Geld“, wie Edith Heller betont.

Kritische Töne werden ernst genommen
Von Anbeginn der Aktivitäten von MainzZero sei es ein großes Anliegen, die Menschen auf dem Weg der notwendigen Verkehrswende und der Klimaanpassung mitzunehmen und ihre Wünsche und Bedenken zu berücksichtigen, so Heller weiter. Daher würden kritische Stimmen besonders ernst genommen, so z.B. die Anmerkung einiger Anwohner*innen, dass es abends teilweise laut war und Müll liegen gelassen wurde. Gegenseitige Rücksichtnahme sei bei einer solchen Aktion sehr wichtig, so Heller. Daher wurde das offizielle Programm aus Rücksicht auf die Anwohnenden spätestens um 20 Uhr beendet und der Müll täglich eingesammelt.

Gelöst werden muss auf jeden Fall das Parkplatzproblem: Rund 60 Anwohner-Parkplätze sind für die zehn Tage weggefallen. Direkte Gespräche mit Betroffenen fielen unterschiedlich aus. Einige fanden die Parkplatzsituation unbefriedigend, haben aber dennoch Parkplätze in der Umgebung gefunden. Ein Ehepaar hat sich zusammen einen naheliegenden privaten Stellplatz für 70 € geteilt. Andere mussten zwar auch auf umliegende Parkplätze ausweichen, fanden den zusätzlichen Aufwand aber angemessen, um die freiwerdende Fläche dann alternativ nutzen zu können. „Wir von MainzZero haben schon im Vorfeld der Stadt vorgeschlagen, den Anwohnenden einen Stellplatz in den naheliegenden Parkhäusern anzubieten. Dies sei auch auf Nachfrage der Anwohnenden möglich gewesen. Wie viele das Angebot genutzt haben, werden wir mit der Stadtverwaltung besprechen“, so Heller. „Wir brauchen die Parkplatzflächen künftig für vernünftige Fuß- und Radwege und zur Entsiegelung und Begrünung für ein verbessertes Stadtklima. Dafür sind als Übergangslösung Anreize und Fördermaßnahmen nötig, die das Parken in Parkhäusern oder auf privaten ungenutzten Stellplätzen attraktiver und das Parken auf der Straße überflüssig machen“.
Kritisch angemerkt wurde auch, dass weder Toiletten noch Wasserspender oder Essens- und Getränkestände vorhanden waren. Da die Nachbarschaftsstraße nicht als Straßenfest konzipiert wurde, wurde darauf in Absprache mit der Stadt verzichtet. Die Aktion sollte primär Aufmerksamkeit dafür schaffen, wie lebenswert eine autofreie Straße ist. Zukünftige Nachbarschaftsstraßen können also auch ganz ohne Programm organisiert und umgesetzt werden.

*Parklet: Ein Parklet ist ein Stadtmöbel auf ehemaligen Parkplatzflächen, das den Menschen mittels Aufbauten wie Bänken, Tischen und Blumenbeeten mehr öffentlichen Raum zur Verfügung stellt.

Vorab noch besser informieren und Nachahmer finden
Außerdem wurde in den Feedbackbögen darauf hingewiesen, dass vorab besser und umfassender informiert werden sollte. Die Ergebnisse dieser Auswertung werden gemeinsam mit der Stadt besprochen, wobei ein wichtiges Thema sein wird, wie die Anwohnerinnen und Anwohner noch besser eingebunden werden können. Das Umweltdezernat hat bereits signalisiert, weitere Aktionen dieser Art zu unterstützen. Interessierte Anwohner*innen und Ortsbeiräte bzw. Ortsvorsteher*innen aus allen Stadtteilen sind aufgerufen, sich bei Interesse für autofreie Sommerstraßen oder Modellprojekte beim Verkehrs- und Umweltdezernat zu melden. „Unser Wunsch an die Stadtverwaltung ist, dass sie selbst die Bewegung ankurbelt und für Anwohnerinitiativen ein einfaches Verfahren zur Verfügung stellt,“ betont Edith Heller.

Darüber hinaus fordert MainzZero, dass Grünachsen in jedem Stadtteil geschaffen werden, wie sie im ‚Masterplan 100% Klimaschutz‘ der Stadt von 2022 als dringend eingestuft sind. Hier sei jetzt die Verwaltung am Zuge. Daher hat die Initiative gemeinsam mit anderen Gruppen eine Petition gestartet, sich an Oberbürgermeister Nino Haase richtet und in der Bürgerbeteiligungsverfahren und eine verbindliche Zeitschiene gefordert werden.

Ein herzliches Dankeschön der Organisatoren der 1. Meenzer Nachbarschaftsstraße geht an die Anwohnenden für das Verständnis und die Hilfsbereitschaft. Sie haben diese tolle Atmosphäre in den beiden Straßen entstehen lassen und ermöglicht, dass Bänke, Tische und Spielsachen eingelagert werden konnten und Strom zur Verfügung stand. Dieses Engagement hat maßgeblich zum Gelingen der Aktion beigetragen. Die Organisatoren hoffen, dass die ‚1. Meenzer Nachbarschaftsstraße‘ Lust auf weitere autofreie Straßen gemacht hat und freuen sich über weitere Nachahmer*innen!

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