MainzZero fordert: Stadtratsbeschluss vom November 2021 darf keine Beruhigungspille sein

Mainz, 6. September 2022. Der Mainzer Stadtrat hat im Februar 2021 beschlossen, möglichst bis 2035 klimaneutral zu werden. Am 24. November 2021 folgte das fast einstimmige Versprechen per Stadtratsbeschluss, den Klimaschutz konsequent voranzutreiben. Unter anderem wurde verabschiedet, dass es “Ziel ist, das Stadtgebiet gegenüber dem sich verschlechternden Klima resilient (- sprich stabil und widerstandsfähig genug -) zu machen und die Aufenthaltsqualität zu erhöhen” und dafür verschiedene Maßnahmen in den Bereichen Mobilität, Wärme, Energie / Strom, die Stärkung des Handwerks, Kooperationen sowie Klimabildung und -information einzuleiten.“

Die Bürgerinitiative MainzZero fordert, dass den Worten des Stadtrates endlich Taten durch entsprechende Fakten folgen müssen, die dieses selbsternannte prioritäre Ziel untermauern. In den anstehenden Beratungen am 13. September im Stadtvorstand sowie im Stadtrat am 21. September sollte dieses Ziel wieder in den Fokus der Entscheidungen rücken. Denn erstmals seit vielen Jahren kann die Stadt Mainz selbst die Schwerpunkte im Haushalt setzen, weil das Damoklesschwert der Streichungen durch die Finanzaufsicht ADD nicht mehr greift. Oder sind die Beschlüsse der vergangenen Jahre seit 2017 nur Beruhigungspillen für die Mainzerinnen und Mainzer?

Eckpfeiler für die Zukunft müssen jetzt eingeschlagen werden
Bei der Verabschiedung des anstehenden Doppelhaushaltes 2023/24 gilt es, die Weichen zu stellen und die nötigen Finanzmittel einzuplanen. Doch was ist dafür notwendig? Für MainzZero muss Klimaschutz als Leitziel in der Verwaltung von oberster Stelle verankert werden, damit alle Dezernate gemeinsam und Bereiche übergreifend dafür arbeiten.

Die Kommunalverwaltung kann und muss aus Sicht von MainzZero das Rückgrat aller Maßnahmen für eine schnellstmögliche Klimaneutralität in Mainz werden. Sie plant, fördert und setzt selbst um. Und ist damit positives Beispiel für alle Bürger:innen entsprechend zu handeln. Der direkte Einflussbereich erstreckt sich vor allem auf die Energieversorgung, die Verkehrsplanung und die städtischen Liegenschaften. Hier muss die Stadt selbst vorangehen – wie im Stadtrat im November 2021 beschlossen – und beratend den Privathaushalten und Firmen zur Seite stehen. Und konsequenter Weise die dafür notwendigen Mittel im Haushalt einstellen. Es müssen jetzt Mittel für den Klimaschutz aufgewendet werden, denn diesen kurzfristig aufgewendeten Geldern steht eine wesentlich höhere, langfristige Kostenersparnis für die absehbaren Klimafolgekosten als indirekte Einnahme gegenüber.

Grundsätzlich fordert die Bürgerinitiative, dass bei jeder Bau- und Raumplanung die Klimakriterien oberste Priorität haben. Dies gilt insbesondere für Flächen, die für eine Versiegelung frei gegeben werden sollen wie z.B. beim Biotech-Hub an der Saarstraße.

Im Einzelnen sieht MainzZero folgende Themen und Bereiche als vordringlich an:

  1. Bereich Energieversorgung:
    Stromerzeugung durch erneuerbare Energien muss durch Photovoltaik (PV) auf Dachflächen, Freiflächen und in Kombination mit landwirtschaftlichen Flächen ermöglicht werden. Dieses Thema muss die Stadt bei den eigenen und stadtnahen Gesellschaften umgehend in Angriff nehmen. Darüber hinaus müssen entsprechende Beratungs- und Förderangebote für private Haushalte geschaffen und bürokratische Hemmnisse beseitigen werden.
  1. Bereich Windkraft:
    Windkraftanlagen sind in Kooperation mit ansässigen Firmen und dem Umland zu planen. Förder- und Beratungsangebote für Gewerbe und Industrie müssen unterstützend helfen. Dies setzt neue Planstellen im Haushalt voraus.
  1. Im Bereich Gebäude müssen insbesondere folgende Themen im Haushalt berücksichtigt werden:
  • Mittel für eine Sanierungskampagne und das Stärken der Energieberatung;
  • Fördermittel für private Haus- und Wohnungseigentümer für energetische Sanierungen, insbesondere für den Einsatz von PV, Wärmepumpen und effektivere Hausdämmung;
  • ein Sofortprogramm für die Sanierung von Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden (inklusive der erforderlichen Planstellen für Planung und Steuerung der Maßnahmen);
  • die Planung integrierter Quartierskonzepte und das Einstellen der dafür notwendigen Sanierungsmanager (mit zwei Koordinations-Stellen im Stadtplanungsamt und weitere – vom Bund geförderte – Stellen für Sanierungsmanager).

Bedingungen für Verkehrswende schaffen
Die Verkehrswende erfordert sichere und angemessene Wege für alle Bürger*innen, insbesondere für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen, ein engmaschiges Netz im Personennahverkehr (ÖPNV) sowie den Umstieg auf Elektroantrieb mit dem bereits erklärten Ziel, den Kfz-Verkehr bis Mitte der 30er Jahre auf 20 Prozent zu verringern. Vor allem Großtransporte, die bisher per Lkw befördert wurden, sollten möglichst auf die Schiene oder Schiffe verlagert werden. Die aus Sicht von MainzZero seither fehlende Ernsthaftigkeit in diesem Bereich muss ab sofort – also nicht erst mit in Kraft treten des neuen Haushaltes – flankierenden, den Klimaschutz in den Fokus stellenden Prozessen weichen.

Wichtigste Voraussetzung für das Gelingen der Verkehrswende ist, dass die Stadtverwaltung mit personellen und materiellen Ressourcen so ausgestattet wird, dass sie dieses komplexe Aufgabenfeld sach- und fachgerecht bewältigen kann. Statt um Mittel und Flächen intern zu konkurrieren, muss vom Stadtvorstand eine abteilungs-übergreifende Zusammenarbeit mit dem Ziel einer rasch wirksamen Verkehrswende eingeführt und vorgelebt werden. MainzZero ist bewusst, dass hierfür große Investitionen nötig sind. Doch die aktuellen Ereignisse zeigen, dass keine andere Möglichkeit besteht, wenn Mainz, seine Bürger:innen und vor allem Stadtvorstand und Stadtrat das Ziel ernst meinen.

In diesem Zusammenhang sind aus Sicht von MainzZero folgende Themen dringend umzusetzen:

  • eine integrierte Siedlungs- und Verkehrsplanung;
  • Professionelle Mobilitäts-Beratung für Schulen (als Pflicht) und Betriebe (freiwillig);
  • Systematisches Festlegen und Schaffen von Grünachsen und Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in den Stadtteilen gemeinsam mit den Bürger:innen;
  • Ausbau des Straßenbahnnetzes, Verdichten der Taktzeiten und Einführen von Rufbuslinien sowie Schnellbuslinien im Umland- und im Regionalverkehr;
  • Aufbau eines leistungsfähigen Radwegenetzes mit Schnellradwegen zu den Nachbar-Zentren sowie Aufbau einer Fußverkehrsstrategie;
  • Organisatorische und bauliche Maßnahmen, die dazu beitragen den Kfz-Verkehr zu reduzieren;
  • Einführen eines konsequenten Parkraummanagements für das gesamte Stadtgebiet.

Eine Klimaanpassungsstrategie für Mainz muss geschaffen werden. Spätestens seit September 2019, seit dem Klimanotstands-Beschluss des Stadtrates, ist bekannt dass Mainz ein Hitze-Hotspot zu werden droht. Dies merken die Mainzerinnen und Mainzer wieder aktuell und ganz persönlich in diesem Sommer. Deshalb bedarf es dringend klarer Ziele und Anpassungsmaßnahmen, um diese Entwicklung in Mainz zu bremsen und möglichst umzukehren.

Dafür muss sichergestellt werden, dass die vorhandenen Fördermittel auf EU-, Bundes- und Landes-Ebene für Mainz genutzt werden und nicht mangels personeller Ressourcen in der Verwaltung nicht ausgeschöpft werden können.

Weitere investive Förderprogramme u.a. für in Not geratene Menschen sind wichtig für den sozialen Frieden. So zum Beispiel ein sozialer Energiebonus (Beispiel: Stadt Marburg), damit die Warmmiete bei energetischen Sanierungen für Mieter:innen nicht erhöht wird sowie die Förderung klimafreundlicher Haushaltstechnik für Menschen mit geringem Einkommen.

Grundsätzlich sieht MainzZero die Notwendigkeit, ausreichend neue Stellen im übergreifenden Themenbereich “Klima” einzurichten. Denn für die Bürgerinitiative ist klar: ein „weiter so” darf es bei diesen für die Zukunft der Stadt und seiner Bürger:innen wichtigen Themen nicht geben. Die Zukunft hat bereits begonnen, deren Gestaltung muss jetzt aktiv und mit Nachdruck in die Hand genommen werden. Dafür bietet der neue Doppelhaushalt die große Chance, die notwendige finanzielle Basis zu legen.

Weitere Infos zu MainzZero unter www.klimaentscheid-mainz.de