MainzZero präsentiert Kernforderungen für Mainz und Region
Mainz, 15. Mai 2025. Mit fünf Kernforderungen für einen erfolgreichen Ausbau des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV) wendet sich die Bürgerinitiative MainzZero an die Entscheidungsträger in der Politik und an die Mainzer Bevölkerung. Diese Forderungen betreffen zum einen die von der Mainzer Politik selbst gesteckten Ziele als auch den ÖPNV-Ausbau in und um Mainz inklusive der Verbindungen nach Wiesbaden, Frankfurt und Rheinhessen. „Unser ÖPNV muss verlässlich sein, damit wir die Menschen zum Um- und Einsteigen bewegen können“, so Armin Schulz, Verkehrsexperte von MainzZero. „Wir nehmen die Stadt Mainz, aber auch das Land in die Pflicht dafür zu sorgen, dass dieser Ausbau in einem Gesamtkonzept über Grenzen hinweg funktioniert,“ so Schulz weiter. Chaotische Zustände wie durch die kurzfristig von der Deutschen Bahn angekündigten Baumaßnahmen ab dem 5. Mai dürften nicht passieren. Damit werde die Kundschaft vergrault, eine notwendige Mobilitätswende ausgebremst und die gesteckten Klimaziele unerreichbar, so der Verkehrsexperte. Daher fordert MainzZero mehr politisches Engagement zum Erreichen der selbst gesteckten Ziele.
Selbst gesteckten Leitzielen gerecht werden
Die Stadt Mainz hat sich zum Ziel gesetzt, dass künftig 80% aller Wege mit dem Umweltverbund zurückgelegt werden. Dieses Ziel wurde durch Stadtratsbeschluss 1663/2021 bereits am 24. November 2021 verabschiedet.[1]
Die angestrebte Halbierung des Kfz-Verkehrs kann jedoch nur durch konsequente Maßnahmen erreicht werden. Der ÖPNV ist dabei ein wichtiger Baustein. Die Fahrgastzahlen der Mainzer Mobilität haben sich zwar nach den Coronajahren erholt, blieben jedoch weitgehend auf dem Niveau der Vor-Corona-Jahre.
Die nötigen Mittel von Investitionsmitteln und Sicherung der Finanzierung beim Ausweiten der Betriebsleistungen sollten von Land und Kommune als Beitrag zur lebenswerten Stadt und Klimaschutz vorgehalten werden. Für eine Verkehrs- und Mobilitätswende muss das Angebot in Hinblick auf Reisezeitverkürzung, Komfort und Tarifentwicklung verbessert werden, ist MainzZero überzeugt.
In der Koalitionsvereinbarung von GRÜNEN/ SPD/ CDU vom 25. November 2024 hat der Schutz der Fußgänger und die Barrierefreiheit höchste Priorität.[2] „Diese Priorität muss jetzt auch in entsprechende Maßnahmen im Stadtverkehr umgesetzt und sichtbar werden“, so Armin Schulz. MainzZero fordert die Stadt Mainz zum Handeln auf und schlägt folgende Maßnahmen vor:
- Straßenbahnausbau mit Taktverdichtung in einem Schritt
Grundsätzlich ist die Erweiterung des Straßenbahnnetzes mit der Wiederinbetriebnahme von Strecken zu begrüßen. Leider sieht die bisherige Linienplanung vor, ohne zusätzliche Linien den sogenannten Innenstadtring zu bedienen. Die bisherige Konzeption mit der Veränderung von Linienwegen für die vorhandene Finther-Tramlinie schafft neue Direktverbindungen, geht aber einher mit Verschlechterungen auf anderen, wichtigen Tram-Verbindungen:
- Finthen/ Gonsenheim – Hauptbahnhof: 15-Minuten statt 7,5 Minuten-Takt
- Finthen/ Gonsenheim – Münsterplatz: Wegfall der Direktverbindung
- Mögliche Einschnitte auf Buslinien im Einzugsbereich der Hindenburgstraße und der Verbindung zwischen Mombach und der Innenstadt sind zu befürchten, um Betriebskosten zu sparen.
- Fahrzeitverlängerungen von Finthen/Gonsenheim nach Hechtsheim.
„Eine Qualitätssteigerung mit kürzeren Reisezeiten und besserem Komfort, der eine spürbare Verlagerungswirkung vom Auto zum ÖPNV bewirken würde, geht nicht ohne Verdichtung des Grundtaktes mit betrieblichen Mehrleistungen“, stellt Schulz klar. Einsparpotential sieht der Verkehrsexperte durch geringere Baukosten bei einer Linienführung durch die Große Bleiche für den „Kleinen Innenstadt-Ring“ anstelle der geplanten Trasse in der Goethestraße.
Infolge neuer Umsteigezwänge und Reisezeitverluste wird der Nutzen durch die geplanten Verbesserungen zur Innenstadt wieder teilweise aufgehoben. MainzZero befürchtet darüber hinaus, dass mit dieser Linien-Konzeption Impulse auf das Verkehrsverhalten der Bevölkerung ausbleiben. Der ÖPNV wird somit nur wenig dazu beitragen können, den Verkehrsanteil des Autoverkehrs an den zurückgelegten Wegen zu halbieren, wie vom Stadtrat 2021 beschlossen.
- ÖPNV im Berufsverkehr konkurrenzfähig zum Auto machen
Umwegige Fahrstrecken von Buslinien, verbunden mit vielen Halten, führen zu langen Reisezeiten. Das Fahrplanangebot muss deshalb auf die Anforderungen der Pendler besser und vor allem gezielt eingehen.
Wichtige Verbindungen wie zwischen der Wiesbadener Innenstadt über Gonsenheim zum Lerchenberg sollten künftig von Expressbuslinien bedient werden. Ein Schnellbuslinie, die direkt von der Wiesbadener City über Schiersteiner Straße und -Brücke mit wenigen Halten über Gonsenheim zum Medienzentrum Lerchenberg fährt, ist unwesentlich langsamer als eine Pkw-Fahrt, spart aber immense Spritkosten und CO2.
Folgend weitere Maßnahmen sollten aufgegriffen werden:
- Prüfung weiterer potenzieller Expressbus-Achsen[3];
- Grundtakt für Regionalbuslinien im Umland verbessern und gleichzeitiges Reduzieren von Parallelverkehren im Stadtgebiet durch Stadt- und Regionalbusse;
- Systematischer, angebotsorientierter Ausbau von P+R-Plätzen schon im Umland[4].
- Barrierefreier Ausbau
Zuwege zu Bahnhöfen und Haltestellen sind auf Grundlage eines langfristig gesicherten Bauprogramms barrierefrei auszubauen. Dazu gehören:
- Niveaugleiche Einstiegsmöglichkeiten bei Straßenbahnen und Zügen;
- Sonderborde an Bushaltestellen mit einem Spalt von maximal 5 cm Höhe/Breite zum Ein- und Ausstieg;
- Verbessern der Zuwege (Breite Gehwege, kein Gehwegparken, ggf. Radwege und Abstellmöglichkeiten).
- Schnelle Regional-Züge nach Frankfurt und Wiesbaden
Regionalzüge insbesondere in die Metropole Frankfurt müssen wie in früheren Jahren wieder schneller werden. „Nur mit attraktiven Fahrzeiten besonders im Berufsverkehr kann die Attraktivität für Pendler erhöht werden,“ fordert Schulz:
- Fahrzeiten von 30 Minuten durch Einsatz von „Sprintern“, die lediglich in Rüsselsheim und Frankfurt-Hauptbahnhof halten. Diese Fahrzeiten waren in den 1960er bis zu den 90ern Jahren möglich und sollten bei modernem Bahnbetrieb erst recht machbar sein. [5]
- Zehn-Minuten-Takt von Mainz nach Wiesbaden.
- Zehnminütige Zugfolge nach Frankfurt durch Wechsel der Zuggattungen S-Bahn, Regionalbahn und Sprinter (RE) mit jeweils unterschiedlichen Halten.
- Wesentlich kürzere Fahrzeiten für Pendler von Rheinhessen nach Wiesbaden durch Direktverbindungen zu Hauptverkehrszeiten. Direktfahrten aus Bad Kreuznach / Bingen nach Wiesbaden ohne Führung über und Halt am Mainzer Hauptbahnhof.
- Weitere Direktzüge aus Alzey nach Frankfurt und Wiesbaden im Berufsverkehr. Dies sollte bereits jetzt mit Blick auf den entstehenden Eli Lilly-Industriestandort mit über 1.000 Mitarbeitenden und dem geplanten Biotech-Areal in Mainz erfolgen.
Um das Bahnangebot für die Region Rheinhessen zu verbessern fordert MainzZero, dass das Land Rheinland-Pfalz auch dann Schienen-Fahrzeug-Leistungen bestellt, wenn diese teilweise im Nachbarland Hessen stattfinden. Fahrgäste wollen keine Opfer von Landesgrenzen auf Kosten eines unzureichenden Angebots bleiben.
Ein mehrgleisiger Streckenausbau ist unvermeidlich, wenn man Zugausfälle und Chaos-Tage durch Baustellen – wie derzeit in Mainz zu spüren – künftig vermeiden will. Verspätete und überfüllte Züge müssen der Vergangenheit angehören. Deshalb fordert MainzZero:
- drei- bis viergleisiger Ausbau der Bahn-Strecke nach Frankfurt;
- dreigleisiger Ausbau bis Gau-Algesheim;
- zweigleisiger Ausbau nach Alzey.
- Mit ÖPNV-Ticket und Rufbus direkt nach Hause
Bei der Höhe der Fahrpreise sowie des Ticketangebots ist Mainz in den Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV)-Tarif eingebunden. Denn insbesondere für Gelegenheitsfahrern ohne Monatskarte sind die Fahrpreise zu hoch und unattraktiv. Innerhalb von Mainz/Wiesbaden sollte gerade diese Zielgruppe durch Preissenkungen gehalten oder zurückgewonnen werden.
Den OPNV-Nutzern, die am Stadtrand wohnen, muss mehr Komfort geboten werden:
- Barrierefreier Rufbus im Stadtteil Finthen, der an der Endhaltestelle Römerquelle bereit steht und Fahrgäste flexibel näher zur Haustür bringt. Er sollte tariflich voll in den RMV-Tarif eingebunden sein.[6]
- Prüfung ortsspezifische Rufbuslinien in anderen Stadtteilen, ggf. auch als Grundangebot in Nacht-, Sonn- und Feiertagszeiten.
Fazit
Die bisherigen Ansätze zum ÖPNV-Ausbau reichen bei weitem nicht aus. Ohne einen qualitativ wirksamen Schub wird es keine Verlagerung vom Auto zum Nahverkehr geben, so MainzZero.
Die Chancen, die sich aus dem geplanten Tramausbau ergeben, sollten effektiv und zukunftsweisend umgesetzt werden. Die bisherigen Überlegungen, vorhandene Linien lediglich über neue Trassen umzulenken, führt zu Verschlechterungen auf anderen wichtigen Verbindungen. MainzZero ist überzeugt, dass erst die Umstellung auf drei Linien je Ast (Finthen, Lerchenberg / Hechtsheim) und Einführung des Fünf-Minuten-Takts – neben mehr Direktverbindungen zur Innenstadt – den gewünschten Qualitätssprung in Bezug auf Reisezeit- und Komfortverbesserungen bringt[7].
Auch im Regionalverkehr ist ein Qualitätssprung für die Mobilitäts- und Verkehrswende notwendig. Für diese Aufgaben sind Bund (Trassennetzausbau) und Land (Bestellungen Betriebsleistungen und Ausbau Regionaltrassen) zuständig. „Es ist ein Unding, dass es zwischen Mainz, Rüsselsheim und Frankfurt immer noch zweigleisige Abschnitte gibt und Ausbauplanungen aus dem letzten Jahrhundert bisher nicht umgesetzt wurden. Die Kapazitätsengpässe sind seit langem bekannt,“ kritisierte Armin Schulz. Und fordert daher ein schnelles, kurzfristiges Handeln der Beteiligten für einen zukunftsfähigen Personen-Nahverkehr auf allen Ebenen.
Weitere Infos z.B. zum MainzZero-Konzept „Verkehrswende jetzt!“ und zur Arbeit von MainzZero auf der Webseite.
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[1] Vgl. https://www.klimaentscheid-mainz.de/wp-content/uploads/2022/02/36_Ampel-Antrag-1663_Klimaschutz-weiter-vorantreiben.pdf
[2] Vgl. https://www.klimaentscheid-mainz.de/wp-content/uploads/2025/02/241125_Koalitionsvertrag-Kenia-MZ.pdf
[3] Vgl. Untersuchung mehrerer Schnellbuslinien in Köln auf Umsetzbarkeit und Nutzen
[4] Vorbild ist der RMV im Umland von Frankfurt
[5] In den Jahren 1963/ 64 benötigte der Eilzug 670 nach Frankfurt 30 Minuten (Halt in Mainz Süd und Rüsselsheim), der D 304 ohne Halt 29 Minuten. 1992 gab es Eilzüge mit 31 Min. Fahrzeit. Der D-Zug 453 benötigte sogar nur 25 Minuten bis Frankfurt.
[6] Kein Fahrpreis wie beim MainzRider, der mittig zwischen RMV-Tarif und Taxispreis angesiedelt ist und lediglich digital per App erwerblich ist. Zudem wenig transparentes Angebot des MainzRider durch unklare Linienführung und Parallelfahrten zu Tram- und Buslinien.
[7] Zugfolge 5 Minuten durch Überlagerung von drei Linien, statt bisher 7,5 Minuten-Takt durch zwei Linien