Die Bürgerinitiative MainzZero begrüßt, dass das Thema Klimaschutz in der Koalitionsvereinbarung für das neue Kabinett Dreyer eine wichtige Rolle spielt. „Doch wenn man die Details anschaut, sieht man schnell, dass es ein halbherziger Kompromiss ist“, kritisiert Tomas Kasemets von MainzZero. Positiv sieht er die klar definierten Ziele zum Ausbau der Windenergie sowie der Solarenergie und für 100% Erneuerbare Energien in 2030. „Aber es ist enttäuschend, dass die Solarpflicht nur für gewerbliche Neubauten gelten soll“, ergänzt er. „Insbesondere das Ziel ‚Klimaneutralität in 2040, wenn möglich früher‘ ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, zeugt aber nicht von Mut zu entschlossenem Handeln, sondern zeigt vielmehr, wie weit die Standpunkte der Koalitionäre auseinanderliegen.“
Positiv bewertet MainzZero das wissenschaftlich basierte Treibhausgas (THG)-Budget als zentrales Steuerungsinstrument für Klimaschutzmaßnahmen. „Das wünscht sich MainzZero auch für die Stadt Mainz”, konstatiert der Mainzer Wissenschaftler Kasemets und ergänzt: „Klimaschutz als kommunale Pflichtaufgabe – eine klare Forderung von MainzZero – steht nicht im Koalitionsvertrag.“ Damit werde im kommunalen Tagesgeschäft Klimaschutz immer zurückstehen hinter anderen Belangen, so Kasemets weiter. Und erschwere die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen erheblich. Ob der angekündigte ‚Kommunale Klimapakt Rheinland-Pfalz‘ das ausgleichen kann, bleibt abzuwarten.
Insgesamt sieht MainzZero in der Koalitionsvereinbarung einige gute und anerkennenswerte Schritte, aber auch zu viele Halbheiten und offene Ankündigungen, die nicht konkret gemacht und mit klaren Umsetzungszeitpunkten versehen werden. So will die Koalition den „modal split“ verbessern, also den Anteil von Öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) sowie Fahrrad- und Fußverkehr vergrößern. Das klingt gut – aber konkrete Schritte und messbare Ziele (wann wieviel erreicht werden soll) fehlen fast überall. Auch die Absicht, die Landesverwaltung bis 2030 klimaneutral zu gestalten, ist ein gutes Beispiel dafür: dieses Ziel stand bereits im letzten Koalitionsvertrag von 2016 und seitdem ist wenig passiert. Jetzt bleiben nur noch neun Jahre bis 2030, und es wird nicht deutlich, an welchen Stellen in dieser Legislaturperiode mehr umgesetzt werden soll. In Summe: Gute Absichten, aber eine vertane, historische Chance für einen schnellen Wandel hin zu einer nachhaltigen, zukunftsweisenden Landespolitik!
Verfassungsgericht: Generationengerechtigkeit erfordert klaren Zeitplan
Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG) sieht sich MainzZero ausdrücklich bestätigt: „Es ist jetzt Zeit zum Handeln und nicht zum Reden“, sagt Hans-Georg Frischkorn, einer der Initiatoren von MainzZero. „Absichtserklärungen für die Zeit nach 2030 reichen nicht, das hat das BVG eindeutig bestätigt. Die Generationengerechtigkeit erfordert schnelle Maßnahmen bis 2030 und einen klaren Zeit- und Maßnahmenplan wie Klimaneutralität erreicht werden soll, sonst werden nachfolgende Generationen über Gebühr belastet“.
Die heute gültigen Vorschriften und Klimapläne verschieben hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030. Nicht nur auf Bundesebene, sondern auch in der neuen Koalitionsvereinbarung in Rheinland-Pfalz – die damit jetzt schon revisionsbedürftig ist – und auch im Klimaplan der Stadt Mainz. Um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur dem sogenannten „Paris-Ziel“ von 2015 entsprechend auf deutlich unter 2 °C und möglichst auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen – wozu Deutschland sich verpflichtet hat – müssen die nach 2030 noch erforderlichen Minderungen immer dringender und kurzfristiger erbracht werden. Dies wird nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen ab 2030 zu so drastischen Einschränkungen in vielen Lebensbereichen führen, dass die Freiheiten künftiger Generationen viel zu stark bedroht sind. Das Gericht führt wörtlich aus: “Grundrechte sind aber dadurch verletzt, dass die nach § 3 Abs. 1 Satz 2 und § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG in Verbindung mit Anlage 2 bis zum Jahr 2030 zugelassenen Emissionsmengen die nach 2030 noch verbleibenden Emissionsmöglichkeiten erheblich reduzieren und dadurch praktisch jegliche grundrechtlich geschützte Freiheit gefährdet ist.”
Damit müssen sich auch Rheinland-Pfalz und Mainz an den Grundsätzen des neuen BVG-Urteils messen lassen – und da ist nach Meinung von MainzZero noch viel zu tun. Schnelles und entschlossenes Handeln ist gefragt – und dazu gehört Mut. Das BVG-Urteil rüttelt auf. Jetzt müssen alle – Bundesregierung, das Land und die Stadt Mainz mit Stadtverwaltung, Parteien und den Mainzer*innen – die Klimawende mit neuer Energie angehen. Für uns und für die nachfolgenden Generationen. Als gewählte Vertretung der Bürgerinnen und Bürger muss die Politik auf allen Ebenen diesen Auftrag stärker ernstnehmen als bisher und vor allem konsequent und zügig umsetzen. Diese Verpflichtung haben wir als Gesellschaft gegenüber nachfolgenden Generationen.
Die detaillierten Forderungen und Ziele von ‚MainzZero – Klimaentscheid Mainz‘ und weitere Infos zum Bürgerbegehren sind unter www.klimaentscheid-mainz.de zu finden.